Die chemische Formel für Wasser ist schlicht. Doch die Versorgung mit Trinkwasser ist ein hochkomplexes Thema, wie das Beispiel Fladderlohausen zeigt. Aus dem Hahn kommt Trinkwasser. Für den Verbraucher bliebe alles wie bisher, egal ob das Trinkwasser aus dem Wasserwerk Fladderlohausen oder aus dem Wasserwerk Engter stammt. Möglicherweise wird ein Teil der Bevölkerung, der bisher vom Wasserwerk Fladderlohausen versorgt wurde, künftig vorübergehend das kostbare Nass vom Wasserwerk Engter beziehen. Denn gerade in Trockenperioden fürchtet der Oldenburgisch- Ostfriesische Wasserverband (OOWV), seine Abnehmer nicht mehr ausreichend versorgen zu können. Er darf nicht mehr so viel Wasser wie bisher aus seinem Wasserwerk in Fladderlohausen pumpen. Eine mögliche Hilfestellung durch den Wasserverband Bersenbrück klingt aber simpler, als sie ist. Denn Wasser aus Engter einfach in das OOWV-System einzuspeisen, geht nicht. Das Druckverhältnis der beiden Versorger müsste stimmen, das Wasser der beiden Werke müsste auch harmonieren. Tut es aber nicht. Ralph-Erik Schaffert, Geschäftsführer des Wasserverbandes Bersenbrück, sagt, der OOWV prüfe derzeit, wie und ob das Ganze zu realisieren sei. Einen Wasserüberschuss verzeichnet der OOWV in Ostfriesland. Aber Wasser über längere Strecken und möglicherweise auch noch bergauf zu transportieren, sei energetischer Wahnsinn, so Egon Harms, Bereichsleiter Gewässerschutz beim OOWV. „Dazu muss man beachten, dass ein Kubikmeter Wasser eine Tonne wiegt.“ Ganz abgesehen davon widerspricht der Transport des lebenswichtigen Guts Trinkwasser über längere Strecken dem niedersächsischen Wassergesetz. Dieses sieht eine möglichst ortsnahe Versorgung vor. Parallel zur Lösungssuche läuft auch ein Klageverfahren: Der OOWV will vor dem Verwaltungsgericht in Oldenburg erreichen, dass er mehr Wasser fördern darf, als ihm der Landkreis bewilligt hat. Wann er mit einer Entscheidung rechnet, da kann Harms nur mit den Schultern zucken. Denn bei der Klage des OOWV scheint es sich um einen Präzedenzfall zu handeln. Dem Wasserverband ist bundesweit kein anderer Fall bekannt, bei dem ein Versorger gegen eine Bewilligung geklagt hat. Den Eingang der Klage des OOWV und zweier Privatpersonen, denen die erlaubte Fördermenge allerdings noch zu hoch ist, bestätigt Harald Meyer, Richter am Verwaltungsgericht Oldenburg. Zum jetzigen Zeitpunkt könne er aber weder sagen, wann mit einem Urteil zu rechnen sei, noch, ob es sich um einen Präzedenzfall handelt. Doch auch Franz Greve, Kopf der Interessengemeinschaft zur umweltverträglichen Wasserförderung (IGUVW), sagte kürzlich am Rande einer Infoveranstaltung: „Wir sind Vorreiter in Niedersachsen.“ Aus dem Umfeld der IGUVW stammen die beiden Klagen der Privatpersonen. Der OOWV hofft, dass der Landkreis die Reduzierung aufheben muss. „Und wir die Menge bekommen, die wir brauchen, um die Wasserversorgung der Bevölkerung auch in Trockenperioden sicherzustellen“, sagte Harms. Die IGUVW ist hingegen der Meinung, dass die Förderung langfristig weiter reduziert werden müsste. Außerdem hält sie nichts von der bisherigen Beweissicherung des OOWV und genauso wenig vom jetzt vorgelegten Konzept. Die Kritik an der Beweissicherung kann Harms nicht nachvollziehen. Den Vorwurf, der OOWV habe das Dilemma, in dem er jetzt steckt, selbst verschuldet, da er sich darauf verlassen habe, dass sein Antrag über eine Fördermenge von 5,5 Millionen Kubikmetern Wasser jährlich bewilligt werde, will Harms so nicht stehen lassen. „Alle unsere Gutachter sind davon ausgegangen, dass der Antrag vertretbar ist.“ Vielleicht gibt es einen Notverbund. Auf jeden Fall gibt es eine Lehre. „Nächstes Mal werden wir mit dem hochkomplexen Thema viel früher und breiter in die Öffentlichkeit gehen, um im Dialog einen Konsens zu finden“, so Harms.